Quelle: Doria Nollez
#konsum

DIY - Bienenwachstücher selber machen

Doria Nollez, 25 Jahre

Frischhaltefolie wird meistens ein Mal genutzt und landet danach direkt in der Tonne. Dieser Müll lässt sich aber leicht vermeiden, und zwar mit einer umweltfreundlichen Alternative aus nachwachsenden Rohstoffen! In diesem Video erklären wir Schritt für Schritt, wie du wiederverwendbare Bienenwachstücher selber machen kannst. Es geht super leicht, sieht schön aus und eignet sich auch als Geschenk!

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Quelle: Pixabay/oranfireblade
#konsum

Aus Holz und Algen: Mode, die nachwächst

Cabea Belusa, 24 Jahre

Mode und nachwachsende Rohstoffe, ist das nicht ein alter Hut? Schließlich ist doch praktisch jedes T-Shirt aus Baumwolle! Das stimmt nur bedingt und die herkömmliche Baumwolle ist auch nicht das Gelbe vom Ei. Wie wär’s denn mal mit Shirts aus Holz oder Algen?

Zuerst einmal: Mit gefühlten Wahrheiten ist das so eine Sache. Selbst wenn bei uns die meisten T-Shirts aus Baumwolle wären – wir tragen ja in der Regel mehr als das Shirt. Der Anteil von Naturfasern an der gesamten Faserproduktion sinkt seit Jahrzehnten und ist mittlerweile bei gerade mal rund 30 Prozent angekommen. Der größte Teil davon ist tatsächlich Baumwolle. Und der aller größte Teil von diesem größten Teil ist leider überhaupt nicht nachhaltig: Wusstest du, dass ein T-Shirt aus konventioneller Baumwolle beim Anbau mit rund 150 Gramm Pestiziden belastet wird und einmal um die halbe Welt fliegt, bevor es im Geschäft landet? Dass der Anbau der Baumwolle für das eine Shirt 2000 Liter Wasser verbraucht? Und das nicht mal ein Prozent der gesamten weltweit produzierten Baumwolle aus biologischem Anbau stammt?

Fast hundertprozentig unnachhaltig

Man könnte also sagen: Fast 100 Prozent der weltweiten Textilfaserproduktion sind nicht nachhaltig. Entweder stammen die Fasern aus fossilen Rohstoffen (Erdöl) und verursachen damit noch mehr CO2-Emissionen als zum Beispiel Baumwolle. Oder sie stammen eben aus Baumwolle, bringen damit den Wasserhaushalt ganzer Regionen durcheinander, vergiften Grundwasser und Böden, gefährden die Artenvielfalt und können über einen längeren Zeitraum auch gefährlich für die Bauern sein. Bio-Baumwolle ist da schon ein Schritt in die richtige Richtung, da zum Beispiel keine Pestizide eingesetzt werden müssen. Das Wasserproblem bleibt allerdings größtenteils bestehen. Deshalb ist es gut, dass es noch weitere nachwachsende Rohstoffe gibt, die in der Mode eingesetzt werden können – und diese sind noch nachhaltiger. Sie verbrauchen also unter anderem weniger Ressourcen, belasten die Umwelt weniger und verursachen weniger CO2-Emissionen.

Darum das Ganze – Fast Fashion vs. nachhaltige Mode

Bevor wir uns aber weiter damit befassen, sollten wir uns in Erinnerung rufen, warum nachhaltige Mode so wichtig ist. Ein Begriff, der in den letzten Jahren sehr bekannt geworden ist, ist „Fast Fashion“ oder auf Deutsch, „Schnelle Mode“. Das klingt erstmal gut, niemand möchte ewig lange warten, auch nicht auf Kleidung. Allerdings versteckt sich viel mehr hinter diesem Wort. Fast Fashion bezeichnet Kleidung, die billig produziert und für wenig Geld verkauft wird, damit man sich häufiger neue kaufen kann. Die Produktion von Fast Fashion zielt darauf ab, so schnell wie möglich neue Kleidung herzustellen, neuen Trends zu folgen oder eigene zu setzen, um die Kund*innen dazu zu bringen, sich ständig Neues zu kaufen. Durch die billige Produktionsweise haben diese Kleidungsstücke auch kein langes Leben, sie verziehen sich schnell, Löcher entstehen und Fäden reißen, weil sie schon von Anfang an nicht vernünftig vernäht waren.

Wenn die Kleidungsstücke aus Kunstfasern bestehen, löst sich mit jedem Waschen Mikroplastik ab und gelangt in unser Grundwasser und das Meer. Die International Union for Conservation of Nature hat sogar herausgefunden, dass 34,8% des Mikroplastiks in unseren Meeren von Kleidung aus Kunstfasern kommt. Ach ja, und die Textilindustrie verursacht mehr CO2-Emissionen als Flugverkehr und Schifffahrt zusammen. Damit alles so billig bleiben und schnell produziert werden kann, werden Arbeiter*innen in ärmeren Ländern oft ausgebeutet und schlecht bezahlt, Kinderarbeit ist ein weiteres Problem.

Lyocell, die Faser aus Holz

Doch kommen wir endlich wieder zurück zu der Frage, ob Bio-Baumwolle der einzige für die Herstellung von Kleidung brauchbare nachwachsende Rohstoff ist, und die Antwort lautet: Nein! Es gibt noch mehr. Unter anderem Lyocell, eine biologisch abbaubare Cellulosefaser, die bereits jetzt schon von großen Modeketten verwendet wird, und SeaCell, eine Faser, die aus Algen gewonnen wird, bisher aber weniger massentauglich ist. Beide Fasern sind biologisch abbaubar und bestehen aus natürlichen und nachwachsenden Rohstoffen.

Lyocell wird auch oft als Tencel bezeichnet und besteht also aus Cellulose. Die Fasern werden aus Holzschnipseln hergestellt, wobei vom Hersteller Lenzing auf nachhaltige Forstwirtschaft geachtet wird. Das bedeutet, dass nur so viele Bäume gefällt werden, dass es dem Wald nicht schadet. Um diese Holzschnipsel zu tragbarem Stoff zu verarbeiten, werden sie eingeweicht und zu einem Brei aus Wasser und einem ungiftigen Lösehilfsstoff verarbeitet. Daraufhin lassen sie sich zu nutzbaren Fasern spinnen. Das Material ist sehr beliebt, wenn es um nachwachsende Rohstoffe geht, da das Verfahren einen zu 99% geschlossenen Produktions-Kreislauf hat. Der Lösehilfsstoff kann zum Großteil wiederverwendet werden und wird nicht verschwendet. Lyocell ist auch biologisch abbaubar. Wenn man also ein T-Shirt aus dem Material in den Wald werfen würde, würde es mit der Zeit einfach kompostiert werden – ohne schlechte Auswirkungen auf die Natur. Das Verfahren ist sogar so umweltfreundlich, dass die Europäische Union die Herstellerfirma mit dem Europäischen Umweltpreis ausgezeichnet hat. Lyocell wird sogar schon in den großen Modehäusern verwendet. Unter anderem haben schon H&M, About You und Zalando den Stoff oder Stoffe, in denen Lyocell enthalten ist, zu normalen Preisen im Sortiment.

SeaCell – Von Algen zu Kleidung

SeaCell ist eine weitere Faser, die komplett aus nachwachsenden Rohstoffen besteht. Sie wird genauso produziert wie Lyocell; als Teil eines fast komplett geschlossenen Produktions-Kreislaufs mit Wasser und Lösehilfsstoffen, allerdings ist der Rohstoff, aus dem sie hauptsächlich gewonnen wird, nicht Holz: Nein, SeaCell besteht aus Algen. Die Algen, aus denen SeaCell gemacht wird, kommen aus Island. Dort werden diese von kleinen Booten aus geerntet, allerdings nur der Teil, den die Alge nicht braucht, um weiter wachsen zu können – ähnlich, wie wenn man Gras mäht. Die Wurzeln und ein Teil der Grashalme bleiben intakt, und so kommt der Rasen immer wieder. Nach dem Ernten werden die Algen zerkleinert und zermahlen, mit Cellulose vermengt (also dem Stoff, aus dem Lyocell besteht) und über das gleiche Verfahren zu Fasern verarbeitet.

Abgesehen von ihrer Nachhaltig- und Umweltfreundlichkeit hat die SeaCell-Faser allerdings noch einen weiteren Nutzen: Die verwendeten Algen, und damit auch die Kleidung aus SeaCell, sind sogar gut für die Haut. Leider ist SeaCell bislang auch deutlich teurer als Lyocell und noch nicht in der Alltagsmode vertreten. Man findet es bisher nur bei speziellen Händler*innen – für viel Geld. Allerdings: Was nicht ist, kann ja noch werden, und es ist gut zu wissen, dass es Alternativen zu umweltschädigenden Fasern gibt.

Ein Blick nach vorne

Eventuell wird es irgendwann Modedesigner*innen geben, die sich rein auf das Design von Kleidung aus Cellulose fokussieren. Vielleicht werden Wissenschaftler*innen weiteren Nutzen dieser Fasern erkennen – es stellt sich unter anderem die Frage, ob SeaCell durch seine zellregenerierende Wirkung vielleicht bei Menschen mit Hauterkrankungen eingesetzt werden könnte. Und auch du kannst helfen, auf diesem spannenden Gebiet voranzukommen! Es gibt nämlich einige Berufe, die dazu beitragen können, dass in Zukunft mehr Klamotten aus nachwachsenden Rohstoffen in den Läden zu finden sind und Abnehmer*innen finden.

Jobs für die Zukunft

Es wird in Zukunft eine Menge neue Betätigungsfelder auf dem Gebiet nachwachsender Rohstoffe geben. Falls auch du dich für diese und generell eine Wirtschaft mit mehr Nachhaltigkeit interessiert, hätten wir da was für dich:

Quelle: Pexels/cottonbro

Modedesigner*in

… als Modedesigner*in (Studium oder Ausbildung) gestaltest du Kleidung für große Fashion-Konzerne, aber auch für kleine Mode-Labels. Du lässt dich im Idealfall von neuen, nachhaltigeren Materialien inspirieren und konzipierst deine nächste Modelinie. Mit Kollektionen aus nachwachsenden Rohstoffen könntest du das Thema nachhaltige Mode mitten in die Gesellschaft tragen.

Quelle: Unsplash/CDC

Wissenschaftler*in

…. als Wissenschaftler*in forschst du in allen möglichen Bereichen. Mittels wissenschaftlicher Methoden werten Wissenschaftler*innen Daten aus, führen Versuche durch und suchen nach neuen Erkenntnissen. Forscher*innen beispielsweise in den Bereichen „Forschung für Nachhaltigkeit“ oder „Ressourcen“, aber auch in Grundlagenbereichen wie Biologie oder Biochemie bringen uns auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Lebensstil also voran.

Quelle: Unsplash/Austin Distel

PR-Manager*in

… als PR-Manager*in hast du vielfältige Aufgaben. Für Unternehmen oder Umweltverbände gehen PR-Manager*innen in die Öffentlichkeit und sprechen mit Journalist*innen und Politiker*innen, um sie über ihre Produkte oder Anliegen zu informieren. Viele Menschen wissen noch gar nichts über nachwachsende Rohstoffe – PR-Manager*innen können dabei helfen, deren Wissen zu erweitern.

Quelle: Pexels/Julia M Cameron
#konsum

Schreibtisch der Zukunft:
Mit nachwachsenden Rohstoffen lernen und arbeiten

Julia Dolinsky, 23 Jahre

Essenzielle Elektrogeräte wie Computer, Tastatur oder Maus kommen selten ohne Kunststoff aus – das Gleiche gilt für kleinere Verbrauchsmaterialien wie Kugelschreiber, Ordner, Schnellhefter und Textmarker. Eine Lösung für das „Plastikproblem“ könnten in Zukunft nachwachsende Rohstoffe sein: Sie bilden die Basis für viele Dinge, die es ermöglichen, den „Schreibkram“ nachhaltiger zu gestalten.

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 17,9 Millionen Tonnen Kunststoff produziert. In jeder Phase des Plastik-Lebenszyklus‘ werden Kohlendioxid, Methan und andere Treibhausgase freigesetzt: Das beginnt, wenn fossile Rohstoffe gewonnen, raffiniert und in energieintensiven Verfahren verarbeitet werden, und endet, wenn Kunststoffabfälle in der Müllverbrennungsanlage landen. Gelangt Plastik nach Gebrauch aber einfach in die Umwelt, kann es Jahrzehnte dauern, bis es zerfällt. Und auch damit verschwindet es nicht einfach aus der Welt, Stichwort Mikroplastik: Übrig bleiben selbst dann winzige Plastikteilchen, die über verschieden Wege in die Natur, in Gewässer und in die Nahrungsketten gelangen. Um gebrauchte Kunststoffabfälle umweltschonend zu beseitigen, müssen sie entweder energetisch verwertet, also verbrannt, oder recycelt werden.

Erdöl ist begrenzt verfügbar

Ein großes Problem in der Kunststoffproduktion ist außerdem der Rohstoff, aus dem es gemacht wird: Erdöl. Denn das ist ein endlicher und nicht-nachwachsender Rohstoff. Derartige begrenzte Ressourcen werden der Erde irgendwann nicht mehr zur Verfügung stehen. Laut Dr. Lisa Mundzeck vom Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe der Hochschule Hannover, bestehe das Potenzial von biobasierten Rohstoffen vor allem darin, Erdöl als endliche Ressource aktiv einzusparen. Tendenziell könne die Nutzung nachwachsender Rohstoffe die begrenzten Erdölvorräte schonen und im durchschnittlichen Vergleich mit herkömmlichen erdölbasierten Rohstoffen die CO2-Emissionen verringern.

Bioplastik als Alternative?

Als Biokunststoff oder auch Bioplastik werden Kunststoffe bezeichnet, die auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen erzeugt werden oder biologisch abbaubar sind. Wichtig zu wissen ist, dass nicht jeder biobasierte Kunststoff auch biologisch abbaubar und damit kompostierbar ist. Laut WWF sind Biokunststoffe nur umweltfreundlicher als erdölbasierte Kunststoffe, wenn ihre nachwachsende Rohstoffbasis nachhaltig gewonnen wird und sie konsequent im Kreislauf geführt werden. Was heißt das? Ganz einfach: Der Wertstoffkreislauf schließt sich, wenn biobasiertes und biologisch abbaubares Plastik gesammelt, verarbeitet und zu einem neuen Produkt verarbeitet wird. Oder wenn es als Kompost auf dem Feld landet und so wieder zur Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen beiträgt. Dann schließt sich der Kreis.

Die Biomasse, also die nachwachsende Rohstoffbasis für biobasierte Kunststoffe, wird beispielsweise aus Mais, Zuckerrohr oder Zellulose gewonnen. Produkte aus biobasiertem Kunststoff oder aus Holz unterscheiden sich demnach in ihrem Ursprung und ihrer Beschaffenheit voneinander. Aktuell stehen in der Forschung der Hochschule Hannover außerdem Reststoffe und ihre Weiternutzung im Fokus. Sie entstehen bei der Herstellung, der Weiterverarbeitung oder nach der Nutzung verschiedenster Produkte. Potenzial haben sie als Rohstoffquelle für biobasierte Kunststoffe oder als Verstärkungs- und Füllstoffe:

Polylactid ist ein nicht natürlich vorkommender Polyester, der über eine mehrstufige Synthese aus Zucker hergestellt wird. In seiner Beschaffenheit ähnelt es dem Plastik auf Rohölbasis –je nach Bedarf kann es sowohl in feste als auch in elastische, folienartige Form gebracht werden. Es werden heute bereits Büro-Utensilien, Textilien, Autoteile und medizinische Implantate aus PLA hergestellt.

Biochemisch betrachtet ist Zellulose der Hauptbestandteil von Bäumen und Pflanzen. Dort sorgt sie mit einem Massenanteil von rund 50 Prozent für die Stabilisierung der Zellwände. Gewonnen werden die Zellulosefasern durch den sogenannten Aufschluss des Holzes. Gemeint ist damit die mechanische oder chemische Zerlegung von Holz in Holzfasern. Zellulose ist ein wichtiger Hauptbestandteil der Papierproduktion und wird somit auch als Rohstoff für Kunststoffersatzprodukte aus Karton, Pappe oder Papier genutzt. Allerdings: Nachhaltig ist die ganze Sache nur, wenn das Holz nicht aus Raubbau stammt und wieder nachgepflanzt wird. Oder noch besser, wenn möglichst viel recyceltes Papier zur Anwendung kommt.

Lignin ist neben Zellulose einer der Hauptbestandteile von Holz; es lässt sich aber auch aus Chinaschilf oder Stroh gewinnen. Lignin kann sowohl biologisch als auch durch verschiedene chemisch-technische Verfahren gewonnen werden. Bei der biologischen Ligningewinnung wird Holz durch Bakterien und vor allem Pilze zersetzt. Lignin ist laut aktuellem Forschungsstand eine mögliche Alternative zu Erdöl in der Kunststoffindustrie.

Nachwachsende Rohstoffe im Arbeitsalltag

Kugelschreiber, Textmarker und Filzstifte werden im Büroalltag oder im Home Office besonders häufig genutzt und müssen dementsprechend oft ausgetauscht werden. Nachfüllbare Produkte können dank mehrfacher Nutzung nachhaltigere Alternativen sein. Noch besser ist es, wenn sie aus Biokunststoff oder Holz hergestellt sind. Das ist – zumindest in Bezug auf die Alternativen zu klassischem Plastik – bislang nicht gerade die Regel, aber ein paar Dinge wie beispielsweise Organizer, Stiftehalter oder Anspitzer aus nachwachsenden Rohstoffen gibt es bereits. Mehr zu biobasierten Produkten fürs Büro und Homeoffice findest du hier. Mit etwas mehr Achtsamkeit ist es möglich, Nachhaltigkeit und nachwachsende Rohstoffe in den Alltag zu integrieren und auch während der Arbeit verantwortungsbewusst mit Ressourcen umzugehen:

Sei es Druckerpapier, Klebeband oder Klarsichtfolien: Der schnelle Griff zu konventionellen Produkten lässt sich mit etwas Übung kontrollieren. Es gibt bereits ein breites Angebot an Ersatzprodukten aus nachwachsenden Rohstoffen, die den klassischen Produkten in nichts nachstehen. Das Klebeband der Marke Klebio ist transparent, wird aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und ist darüber hinaus vollständig kompostierbar. Auch Elektrogeräte gibt es, zumindest teilweise, aus nachwachsenden Rohstoffen: Die Firma Nager IT verkauft Computermäuse, deren Gehäuse aus Biokunststoff auf der Basis von Zuckerrohr besteht. Darüber hinaus findet ihr auf der Webseite der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe eine breite Palette von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen.

Nachfüllbare Stifte, beispielsweise Filzstifte und Marker mit nachfüllbarer Tinte oder Kugelschreiber mit nachfüllbaren Minen, sind eine kostengünstige Alternative zu Einmalprodukten. Wenn es sich dann noch um Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen handelt, umso besser.

Zu einem verantwortungsbewusstem Umgang mit Materialien am Arbeitsplatz gehört eine richtige Mülltrennung. Papier und Kunststoff sollten voneinander getrennt entsorgt werden, um anschließend recycelt werden zu können. Für einige Produkte bleibt die Entsorgung über die Resttonne unabdingbar: Dies gilt vor allem für Filzstifte, Kugelschreiber sowie für Bunt- und Bleistifte.

Nicht nur die Arbeit am Schreibtisch, auch die Arbeitswelt allgemein kann von nachwachsenden Rohstoffen beeinflusst werden. „Ganz grundsätzlich können Biokunststoffe in zahlreichen Bereichen der Arbeitswelt eingesetzt werden, nicht nur auf dem Schreibtisch“, erklärt Dr. Lisa Mundzeck. Viel wichtiger sei aber: Ein steigender Einsatz von Biokunststoffen wird auch anderweitig Einfluss auf die Arbeitswelt haben. Es wird mehr Arbeitsplätze in der Biokunststoffindustrie geben und die Produktionsabläufe werden sich deutlich von denen in der „fossilen“ Plastik-Industrie unterscheiden. Auch das Thema Recycling wird einen viel höheren Stellenwert bekommen, so Mundzeck: „Das Etablieren einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft sowohl mit Bio- als auch mit herkömmlichen Kunststoffen, erläutert sie, „kann in der Arbeitswelt eine Menge verändern, wenn man allein an die Landwirtschaft denkt, die Recyclingindustrie, die Abfallwirtschaft.“

Quelle: China Hopson

Dr. phil. Lisa Mundzeck ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Hannover, Abteilung Bioverfahrenstechnik, Forschungsbereiche: Biokunststoffe und Materialentwicklung. Seit Gründung des Instituts für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) 2011 ist sie auch für die Öffentlichkeitsarbeit des Instituts zuständig.

Jobs für die Zukunft

Es wird in Zukunft eine Menge neue Betätigungsfelder auf dem Gebiet nachwachsender Rohstoffe geben. Falls auch du dich für diese und generell eine Wirtschaft mit mehr Nachhaltigkeit interessiert, hätten wir da was für dich:

Quelle: Pexels/ThisIsEngineering

Technische*r Assistent*in für nachwachsende Rohstoffe

… als Technische*r Assistent*in für nachwachsende Rohstoffe absolvierst du eine zweijährige Ausbildung an einer Berufsfachschule und sammelst Praxiserfahrung in einem Praktikumsbetrieb. Technische Assistent*innen für nachwachsende Rohstoffe überwachen und warten Anlagen zur Produktion von Energie oder von Produktionsgütern aus nachwachsenden Rohstoffen. Dabei achten sie auf die Einhaltung von Umweltschutzbestimmungen und der Regelungen zum Einsatz erneuerbarer Energien.

Quelle: Pexels/RF._.studio

Ingenieur*in für erneuerbare Energien

… als Ingenieur*in für erneuerbare Energien musst du zuvor ein Grundlagenstudium im Bereich Erneuerbare Energien absolviert haben. Ingenieur*innen für erneuerbare Energien entwickeln, planen, betreiben und überwachen Anlagen zur Nutzung regenerativer Energiequellen. Dazu zählen Windkraftwerke, Photovoltaikanlagen, solarthermische und geothermische Systeme oder Anlagen, die aus Biomasse Wärme oder nutzbares Gas gewinnen.

Quelle: Pexels/Tara Winstead
#konsum

Der Startup mit Sinn und Suppenschüsseln

Christina Juchem, 29 Jahre

Raphael Stäbler ist dreifacher Vater und Unternehmensgründer. Auf der vergeblichen Suche nach nachhaltigen Produkten für die Küche, beschloss er kurzerhand, seine eigenen zu entwickeln. Das Porträt eines Unternehmens, das aus Pflanzen Schüsseln wachsen lässt.

Wenn es um Startups geht, denken die meisten Menschen an große Metropolen wie San Francisco, London oder New York. Von Filderstadt ist wohl kaum die Rede. Dennoch ist diese südlich von Stuttgart gelegene Stadt mit rund 46.000 Einwohner*innen Sitz der 4e solutions GmbH, einem kleinen Unternehmen, das unter der Marke „ajaa“ Küchenutensilien produziert. Von Brotboxen über Teller und Besteck bis hin zu Trinkflaschen bietet das Unternehmen eine Vielzahl von Utensilien an. Das Besondere: Sie bestehen im Wesentlichen aus nachwachsenden Rohstoffen, in diesem Fall aus Zuckerrohrsaft, angereichert mit Mineralien. Produziert wird alles in Deutschland.

Raphael Stäbler ist Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens, welches er nach seinem Wirtschaftsingenieurstudium gegründet hat. Die Idee: eine nachhaltige Alternative für erdölbasierten Kunststoff zu entwickeln. Denn Erdöl ist auf unserem Planeten begrenzt; es schadet Klima und Umwelt: Der Weg vom Erdöl zum Plastikbecher ist lang und in seinem Verlauf wird viel klimaschädliches CO2 produziert. Der Weg vom Einweg-Plastikbecher in den Müll ist kurz und endet meist, sobald der leer ist. Raphael wollte jedoch „etwas schaffen, das bleibt“ und vertiefte sich in den Entwicklungsprozess von Produkten im Bereich nachwachsender Rohstoffe. Ich treffe ihn per Video zum Interview, um mehr über ihn, seine Vision und die Produkte von ajaa zu erfahren.

Alltagskram aus Bio-Kunststoff

Raphael bietet mir direkt das „Du“ an. Seine freundliche und offene Art ist ansteckend. Während unseres Gesprächs begrüßt er eine hereinkommende Kollegin. Leicht lässt sich vorstellen, wie familiär die Atmosphäre in dem kleinen Betrieb sein mag. In insgesamt drei Büros arbeiten er und die sechs Mitarbeiter*innen. Eins der Büros ist ein alter umgebauter Schiffscontainer, den er und sein Team heute als Arbeitsplatz und Besprechungsraum nutzen.

Warum gerade Küchenutensilien? Raphael stellte sich damals die Frage, in welchem Bereich schadstofffreie Materialien am sinnvollsten sind: „Dort, wo sie am meisten mit Menschen in Kontakt kommen.“ Denn einen weiteren wichtigen Vorteil haben die Produkte von ajaa. Wegen der pflanzenbasierten Materialien sind sie frei von Schadstoffen und chemischen Weichmachern, was bei Küchenprodukten aus handelsüblichem Kunststoff meist nicht der Fall ist – und gerade im Lebensmittelbereich besonders schädlich sein kann. Der dreifache Vater wollte vor allem Haushalten mit Kindern eine ansprechende und hochwertige Alternative bieten: Neben Schüsseln, Tellern und Besteck gibt es Brotboxen für die Frühstückspause, Trinkflaschen für Ausflüge, und sogar ein Sandkasten-Set in bunten Farben.

Quelle: Ajaa

Die verschiedenen Küchenutensilien von ajaa bestehen aus Zuckerrohrsaft und werden in Deutschland hergestellt.

„Als ich angefangen habe, 2012, haben die Leute mich noch komisch angeguckt: Was willst‘n du da jetzt, haben sie mich gefragt“, berichtet Raphael und lacht. „Natürlich hat sich seitdem viel gewandelt.“ Nicht nur durch Bewegungen wie Fridays For Future ist das Thema Nachhaltigkeit in den letzten Jahren immer mehr in den öffentlichen Fokus gerückt. Auch auf politischer Ebene tut sich was. Seit Anfang Juli 2021 gilt EU-weit ein Verbot von Einwegplastik. Produkte, wie die von ajaa scheinen immer beliebter zu werden. Auch wenn neue Bio-Kunststoffe immer noch weniger als 1% des globalen Plastiks ausmachen, ist ihre Produktion in den letzten Jahren konstant gestiegen.

Doch wie werden die Brotboxen und Schüsseln hergestellt? Das Zuckerrohr, das die Grundlage für die Produkte bildet, stammt aus Brasilien. Nachdem aus einer ersten Pressung des Zuckerrohrs der normale Haushaltszucker hergestellt wird, kann der Saft in einem zweiten Prozessschritt durch die Anreicherung mit Mineralien zu Bio-Kunststoff verarbeitet werden. Er ist also zusätzlich ein Restprodukt – und damit doppelt nachhaltig.

Quelle: Ajaa

Die Brotboxen von ajaa sind aus dem Bio-Kunststoff gemacht. Dieser entsteht durch die Anreicherung des Saftes, welcher bei der Pressung des Zuckerrohrs übrigbleibt, mit Mineralien.

Nachhaltigkeit – ökonomisch, ökologisch, aber auch sozial?

Andererseits steht der Zuckerrohranbau jedoch immer wieder in der Kritik. Die Frage nach dem richtigen Zulieferer musste sich auch Raphael stellen. Sein Lieferunternehmen nennt zumindest in seinem firmenspezifischen Verhaltenscodex, dass es sich verpflichtet, gleichzeitig die Umwelt sowie die lokalen Kulturen vor Ort zu schützen, und sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Wie weit solche selbst gesetzten Leitlinien eingehalten werden, lässt sich von außen jedoch meist schwer nachvollziehen. „Wir haben die Zulieferungswege unserer Materialien mal mit einer Masterarbeit untersuchen lassen.“, erzählt Raphael. „Aber irgendwann, wenn man von den Produzenten zu den Plantagen gelangen möchte, verliert sich die Spur“.

Diese fehlende Transparenz in der Lieferkette wird auch politisch diskutiert. Ein Lieferkettengesetz soll in Zukunft Abhilfe verschaffen: Unternehmen sollen verpflichtet werden entlang des gesamten Lieferprozesses Menschenrechte und international anerkannte Umweltstandards einzuhalten. Am 11. Juni 2021 wurde das offiziell betitelte „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ vom Bundestag verabschiedet. Ab 2023 tritt es in Kraft. Doch es weist noch erhebliche Mängel auf. Zum Beispiel gilt es nur für große Unternehmen ab 1000 Mitarbeitenden. Aspekte des Umweltschutzes werden nur in Teilen berücksichtigt. Außerdem betrifft es aktuell nur unmittelbare Zulieferer; das heißt alle, die an anderen Stellen des Produktions- und Lieferprozess stehen, wie zum Beispiel die Plantagenarbeiter*innen vor Ort, werden nicht durch das Gesetz geschützt – und die haben es in der Regel am meisten notwendig. Das Gesetz ist also eher ein Anfangspunkt als eine endgültige Lösung.

Eine Arbeit mit Sinn

Außerhalb der Materialbeschaffung spielt das Thema Nachhaltigkeit auch in anderen Bereichen des Unternehmens eine zentrale Rolle. „Für mich ist das kein Marketinginstrument, sondern eine Herzensangelegenheit,“ sagt Raphael. Das Wort ajaa stammt aus dem Finnischen und bedeutet „etwas bewegen, etwas vorantreiben“. Der tiefgehende Wunsch nach Sinnstiftung und das ganzheitliche Verständnis von Nachhaltigkeit unterscheide sein Unternehmen von anderen in der Branche. „Wenn man neue Produkte in diesem Bereich entwickelt, dann muss das vom ersten bis zum letzten Schritt geplant werden – das gehört für mich zum modernen Unternehmertum dazu: Dass nicht nur die Produkte, sondern das ganze Unternehmen nachhaltig gedacht wird“. Vom Verpackungsmaterial, über die Rückführung entsorgter Produkte in den Produktkreislauf bis zum papierlosen Arbeiten im Büro möchte Raphael sicherstellen, dass sein Unternehmen klimaneutral arbeitet.

Biologisch abbaubar sind hingegen nur die wenigsten seiner Produkte. Biobasierte Materialien zu verwenden, heißt nicht zwingend, dass die Produkte in der freien Natur schnell zersetzt werden. Immerhin müssen die Boxen und Teller bruchsicher und spülmaschinengeeignet sein und deshalb eine gewisse Langlebigkeit besitzen. Dennoch sind sie zu 100 Prozent recyclebar. Das Unternehmen bietet zusätzlich an, nicht mehr benötigte Utensilien zurückzunehmen und wieder in den Produktionskreislauf einzuführen.

Quelle: Ajaa

Da die Brotboxen spülmaschinengeeignet und vor allem bruchsicher sind, können sie auch perfekt von Kindern genutzt werden.

Der lange Weg von der Herstellung in den Haushalt

Auf die Frage, was seine größte Herausforderung in den letzten Jahren gewesen sei, antwortet Raphael ohne lange Nachzudenken: „Es ist eine Sache, eine gute Produktidee zu haben und sie zu entwickeln – aber dieses Produkt dann marktfähig zu machen, es zu bewerben und zu verkaufen ist die eigentliche Herausforderung. Das braucht Menschen, die das gut können.“ Er sehe sich hingegen eher in der Produkt- und Unternehmensentwicklung.

Aktuell sind die Produkte von ajaa vor allen Dingen in Biomärkten erhältlich. Der Boom des Online-Handels der letzten Jahre, besonders in der Corona-Pandemie, ist jedoch auch an ajaa nicht vorbeigegangen. „Allein seit dem letzten Jahr bieten wir unsere Produkte auf 20 neuen Plattformen an“. Langfristig möchte sich das Unternehmen nicht nur in Deutschland, sondern auch auf dem europäischen Markt etablieren. „Die Idee ist, unsere Produkte erst einmal so breit wie möglich zu streuen. Nach einem Jahr schauen wir dann, welche Plattformen gut laufen und sich lohnen weiterzuverfolgen, und welche nicht.“ Raphael klingt dabei gelassen und optimistisch. Es wird deutlich: seine Arbeit erfordert vor allem Geduld, Lernbereitschaft, viel Ausprobieren und Nachjustieren – kurzum Learning-By-Doing.

Zum Abschluss frage ich Raphael was er anderen jungen Unternehmer*innen in der Branche raten würde. „Das Wichtigste ist, dass ich mir Gesprächspartner suche, mit denen ich meine Ideen diskutieren kann, mit denen ich mich austauschen kann.“ Der Aufbau eines Netzwerks und Feedback von anderen Expert*innen seien unglaublich wichtig, wenn man ein Unternehmen gründen und neue Ideen auf den Markt bringen möchte. Auch Raphael selbst hat das mithilfe von Startups Stuttgart e.V. getan. Der Verein hat das Ziel, Gründer*innen durch die Vermittlung von Kontakten und verschiedene Veranstaltungen in dieser Phase zu unterstützen.

So hat Raphael in seiner Karriere als Produktentwickler, Unternehmer und Nachhaltigkeitstreiber viel dazu gelernt in den letzten Jahren. Er selbst ist zum Experten in der Branche geworden. In Zukunft möchte er sich nun auch mit neuen, jungen Unternehmer*innen austauschen und seine Erfahrungen teilen.

Quelle: Ajaa

Raphael Stäbler, der Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens ajaa, welches Küchenutensilien aus nachwachsenden Rohstoffen herstellt.

Jobs für die Zukunft

Es wird in Zukunft eine Menge neue Betätigungsfelder auf dem Gebiet nachwachsender Rohstoffe geben. Falls auch du dich für diese und generell eine Wirtschaft mit mehr Nachhaltigkeit interessiert, hätten wir da was für dich:

Quelle: Pexels/Anamul Rezwan

Wirtschaftsingenieur*in

… als Wirtschaftsingenieur*in bist du zuständig für die Analyse, Planung und Verbesserung von Betriebsabläufen. Dein Fokus liegt dabei auf wirtschaftlichen und technischen Faktoren. Mittlerweile gibt es sogar einige Studiengänge, die sich auf Umwelt und Nachhaltigkeit spezialisieren, also explizit ökologische Faktoren berücksichtigen. Während des Studiums wirst du dich unter anderem mit Informatik, Grundlagen der Elektrotechnik, Betriebs- und Volkswirtschaft und anwendungsorientierter Mathematik beschäftigen.

Quelle: Pexels/fauxels

Gründer*in

… jede*r kann Gründer*in werden, aber kein Unternehmen kann langfristig ohne qualifizierte Leute und Expertise in verschiedenen Bereichen wie Marketing, Vertrieb, Personal, Produktmanagement etc. wirtschaftlich sein. Mit einer guten, innovativen Idee ist aber schon der entscheidende Schritt getan und die Fachleute lassen sich ja dann finden. Gerade im Bereich Nachhaltigkeit, Rohstoffe und Energie werden neue Technologien, innovative Konzepte und Produkte benötigt, wenn wir den Herausforderungen der Zukunft begegnen wollen.

Quelle: Pexels/cottonbro

Produktentwickler*in

… als Produktentwickler*in hast du viele Möglichkeiten für die Entwicklung von Produkten: von neuen Medikamenten, Fahrzeugen, Lebensmitteln bis hin zu Baustoffen – oder eben Haushaltswaren aus Bio-Plastik. Produktentwickler*innen haben es in der Hand, in all diesen Bereichen die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen voranzutreiben. Sie sind nicht nur für Forschung und Entwicklung zuständig, sondern stehen auch in Kontakt mit Marketing und Vertrieb, um das Feedback von Nutzer*innen einzuholen.

Quelle: Pexels/Alesia Kozik
#konsum

Natur macht schön – Kosmetik aus nachwachsenden Rohstoffen

Lou Antoinette Godvliet, 26 Jahre

Das Angebot an Bio- und Naturkosmetik wächst immer mehr, doch welche Vorteile haben nachwachsende Rohstoffe in der Kosmetikindustrie? Lou hat mit Pauline Raffaitin und Cornelia Ludwig von ECOCERT, einer internationalen Zertifizierungsstelle für Naturkosmetik, gesprochen und einiges herausgefunden.

Naturkosmetik ist seit einigen Jahren nicht mehr nur in Reformhäusern und Bioläden verfügbar, sondern hat inzwischen auch einen festen Stellplatz im Regal der Drogerie erhalten. Doch es gibt einige Unterschiede zwischen den einzelnen Naturkosmetik-Hersteller*innen. Verschiedene Natur- und Biokosmetik-Siegel sorgen vor allem für Verwirrung bei den Verbraucher*innen. Wie viel Bio und/oder natürliche Inhaltsstoffe sind in den Kosmetikprodukten wirklich enthalten? Bedeutet Naturkosmetik auch, dass die Lieferkette der Produkte nachhaltig ist? Diesen und weiteren Fragen wollen wir heute auf den Grund gehen. Los geht’s.

Welche Vorteile haben nachwachsende Rohstoffe im Kosmetikbereich?

Die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen –meist Pflanzen – in kosmetischen Mitteln schont zuallererst die fossilen Rohstoffe (zum Beispiel Erdöl), die in konventionellen Kosmetikprodukten verarbeitet werden. Die sind nämlich nicht endlos verfügbar. Entsprechende Produkte werden als Naturkosmetik bezeichnet. Viele Naturkosmetikhersteller*innen senken außerdem ihren CO2-Fußabdruck beispielsweise durch die Verwendung von erneuerbaren Energien, Reduzierung von Wasserverbrauch und Abfallproduktion und indem sie recycelte Materialien oder wieder verwendbare Verpackungen nutzen.

Naturkosmetik verwendet sogenannte Biochemikalien und orientiert sich an den zwölf Prinzipien für eine „grüne Chemie“ die unter anderem auch vom Umweltbundesamt herangezogen werden. Dazu gehört beispielsweise die Verwendung von abfallarmer Technik und weniger gefährlichen Substanzen. Wichtig ist außerdem ein sparsamer Verbrauch von Rohstoffen sowie die Rückgewinnung und Wiederverwertung von Stoffen und Abfallprodukten. Jegliche Gefahren für Umwelt und Gesundheit sollen so weit wie möglich vermieden werden.

Welche nachwachsenden Rohstoffe werden in Kosmetikprodukten verwendet und wofür?

Nachhaltigkeit und die Erhaltung der Artenvielfalt sind wichtige Faktoren, die bei der Auswahl von Materialien für zertifizierte Produkte oder deren Bestandteile zu berücksichtigen sind. Palmöl zum Beispiel darf deshalb lediglich aus kontrolliert biologischem Anbau oder zertifiziert nachhaltigen Quellen stammen. Neben den verschiedenen Pflanzenölen wie beispielsweise Olivenöl oder Arganöl, werden auch Glycerin und Alkohol verwendet.

In der Kosmetik wird zwischen Grundstoffen und aktiven Inhaltsstoffen unterschieden. Nachwachsende Grundstoffe, wie zum Beispiel Pflanzenöle, werden häufig für Crèmes, Alkohol hingegen als Basis für Parfüm verwendet. Pauline Raffaitin, Leiterin des internationalen Bereichs „Home and Personal Care“ bei ECOCERT Greenlife, erläutert, dass die aktiven Inhaltsstoffe dem Produkt seine Wirkung verleihen und häufig aus Kräutern oder Algen gewonnen werden.

Um für mehr Klarheit und eine bessere Kontrolle zu sorgen, hat sich ECOCERT Greenlife S.A.S. 2002 mit vier weiteren Zertifizierungsstellen aus Deutschland (BDIH), Frankreich (COSMEBIO), Italien (ICEA) und dem Vereinigten Königreich (SOIL ASSOCIATION) zusammengeschlossen, um internationale Definitionen sowie Kriterien für Bio- und Naturkosmetik festzulegen. Der daraus entstandene COSMOS-Standard wird bereits in 70 Ländern von insgesamt elf Mitgliederorganisationen verwendet, um über 24.000 Bio- und Naturkosmetikprodukte zu zertifizieren. Sinn der Sache war, einen gemeinsamen, international anerkannten Standard zu schaffen. Das schafft auch mehr Transparenz für die Verbraucher, die sich nicht in jedem einzelnen Land mit gesonderten nationalen Standards herumschlagen müssen.

Was ist der COSMOS-Standard?

Der COSMOS-Standard teilt die Bestandteile von Naturkosmetik-Produkten in fünf Kategorien ein. Der meist größte Bestandteil – Wasser – muss einen gewissen Hygienestandard erfüllen. Die Verwendung von Mineralien ist im Rahmen des COSMOS-Standards nur unter Berücksichtigung strenger Regeln erlaubt. Das bedeutet aber auch, dass nicht alle Rohstoffe für die zertifizierten Kosmetikprodukte nachwachsend sein müssen.

Grundbestandteile von kosmetischen Mitteln dürfen pflanzliche, tierische und mikrobiologische Ausgangsrohstoffe sowie Mineralien sein. Alles was gesundheitliche oder ökologische Risiken birgt, ist in zertifizierter Bio- und/oder Naturkosmetik nicht zugelassen. Darunter fallen beispielsweise Nanomaterialien und genetisch veränderte Organismen. Cornelia Ludwig, Kosmetik-Zertifizierungs-Managerin von der ECOCERT IMO GmbH, erklärt, dass tierische Bestandteile nur verwendet werden dürfen, wenn die Tiere darunter nicht leiden oder gar sterben. Klassische Beispiele hierfür sind natürliche Erzeugnisse wie Milch und Honig.

Was ist das ECOCERT-Siegel?

Ecocert prüft und zertifiziert Produkte, gibt den Kosmetikhersteller*innen Feedback und kontrolliert jährlich, ob die strengen COSMOS Zertifizierungs-Standards auch weiterhin eingehalten werden. Insgesamt wurden schon über 24.000 Produkte mit einem COSMOS-Siegel versehen. Zum Vergleich: Mit dem NATRUE-Siegel, das in Deutschland weitverbreitet ist, sind weltweit nur 6.900 Produkte ausgestattet.

Kosmetikhersteller*innen können sich mit ihrem Produkt für die ECOCERT-Zertifizierung bewerben. Alle Veränderungen, die nach der Zertifizierung stattfinden, müssen gemeldet werden. Raffaitin berichtet, dass viele Unternehmen sogar mehr Veränderungen vornehmen als von ihnen im Rahmen der ECOCERT-Zertifizierung erwartet wird, weil sie über die globalen Auswirkungen ihres Produktes auf jedes einzelne Glied der Lieferkette nachdenken. Jährliche Kontrollen vor Ort stellen sicher, dass sich die Kosmetikhersteller*innen auch weiterhin an die COSMOS-Standards halten.

Der COSMOS-Standard gilt aufgrund der strengen Kriterien als höchster Standard für Natur- und Bio-Kosmetik. Im Gegensatz zu NATRUE bezieht sich der COSMOS-Standard nicht nur auf die Inhaltsstoffe, der Kosmetikprodukte, sondern auch auf deren (nachhaltige) Herstellung und Verpackung (Recycling). Die neueren Richtlinien für Naturkosmetik von der International Standardisation Organisation (ISO) sind umstritten, da sie keine Gentechnik und Petrochemie (auf Basis Erdöls) ausschließen. Außerdem fehlen einige Kriterien wie zum Beispiel für die Komposition, das Label/die Produktbeschriftung und Kontrollen durch eine dritte Instanz.

Welche Herausforderungen gibt es für nachwachsende Rohstoffe im Kosmetikbereich?

Es gibt viele und unterschiedliche Herausforderungen mit denen Bio- und Naturkosmetik-Hersteller*innen konfrontiert werden. So können bestimmte Inhaltsstoffe noch nicht aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen oder hergestellt werden. Raffaitin veranschaulicht uns dies an einem Beispiel: „Es gibt noch keine Komponenten aus nachwachsenden Rohstoffen, die sowohl genügend Deckkraft als auch Löslichkeit für die Herstellung von Nagellack bieten würde. Spezielle Shampoos und Make-Up-Produkte können auch noch nicht vollständig auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen produziert werden.“

Die Komplexität der natürlichen Inhaltsstoffe, die oftmals aus tausenden von Molekülen bestehen, erschwert laut Raffaitin die Entwicklung von neuen Kosmetikprodukten aus nachwachsenden Rohstoffen. Eine Kombination aus all diesen Molekülen erzeugt letztendlich die Wirkung. Dadurch lässt sich auch nur schwer feststellen, welcher der Inhaltsstoffe tatsächlich für die Wirkung verantwortlich ist. Außerdem sind nachwachsende Rohstoffe von den Jahreszeiten abhängig, wodurch sich die Komposition, Farbe und der Geruch je nach Jahreszeit unterscheiden können.

Welche Lösungsansätze gibt es für diese Herausforderungen bereits?

Es gibt große Fortschritte in der Biotechnologie, um neue Bestandteile aus nachwachsenden Rohstoffen zu gewinnen und weiter zu verarbeiten. Raffaitin berichtet, dass jeden Tag neue Pflanzenextrakte zertifiziert werden. Um die Lieferkette der Bio- und Naturkosmetik-Produkte nachhaltiger zu gestalten, wurden zum Beispiel Kosmetikprodukte in fester statt flüssiger Form entwickelt. Raffaitin hat in den letzten zwei Jahren einen rapiden Fortschritt in der Entwicklung und Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen in Kosmetikprodukten beobachten können. Sie bezeichnet es sogar als das dynamischste Fachgebiet innerhalb der Kosmetikindustrie.

Quelle: PR

Cornelia Ludwig ist die Kosmetik-Zertifizierungs-Managerin der deutschen Tochterfirma Ecocert IMO GmbH. Nach ihrem Studium der Ernährungswissenschaften und (Bio-)Technologie von Lebensmitteln an der Technischen Universität in München, wollte sie etwas für die Umwelt tun und arbeitet deshalb seit fünf Jahren mit deutschen Firmen für die Zertifizierung von Bio- und Naturkosmetik zusammen.

Quelle: PR

Pauline Raffaitin ist die Leiterin des internationalen Bereichs „Home and Personal Care“ bei ECOCERT Greenlife. Sie hat sich nach ihrem Studium für den „grünen“ Weg der Chemie und die Arbeit für Ecocert entschieden, weil es ihr wichtig ist, etwas für die Umwelt zu tun. Pauline Raffaitin arbeitet nun schon seit mehr als zehn Jahren für ECOCERT Greenlife.

Jobs für die Zukunft

Es wird in Zukunft eine Menge neue Betätigungsfelder auf dem Gebiet nachwachsender Rohstoffe geben. Falls auch du dich für diese und generell eine Wirtschaft mit mehr Nachhaltigkeit interessiert, hätten wir da was für dich:

Quelle: Pexels/Polina Tankilevitch

Chemisch-technische*r Assistent*in (CTA) mit Schwerpunkt Biotechnologie

… als Chemisch-technische*r Assistent*in mit Schwerpunkt Biologie beschäftigst du dich mit modernen Methoden der Biotechnologie. Du lernst während deiner Ausbildung alles über Mikrobiologie, Molekularbiologie und Gentechnologie. Außerdem wird dir Wissen über die industrielle Umsetzung biotechnologischer Prozesse, wie z.B. die Gewinnung von Biomasse, vermittelt.

Pharmazeutisch-technische AssistentinQuelle: Pexels/Polina Tankilevitch

Pharmazeutisch-technische*r Assistent*in (PTA)

… als Pharmazeutisch-technische*r Assistent*in kannst du in Apotheken, in der pharmazeutischen Industrie oder als Pharmaberater*in arbeiten. In der Industrie und Forschung arbeiten PTA bei der Entwicklung, Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, als auch an der Arzneimittelzulassung. In Zukunft wird sich auch in dieser Branche viel um die Erschließung und Nutzung neuer Rohstoffquellen sowie Umweltschutz drehen.

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Technolog*in für nachwachsende Rohstoffe

… als Technolog*in für nachwachsende Rohstoffe besitzt du das praktische und wissenschaftliche Wissen, wie man nachwachsende Rohstoffe sinnvoll nutzen kann. Die Grundlagenfächer im Studium sind Naturwissenschaft, Verfahrenstechnik und Ökonomie. Hierbei wird die gesamte Wertschöpfungskette von der Pflanzenproduktion, über Erntetechnik, Verarbeitung, Analytik bis hin zur Herstellung fertiger Produkte betrachtet.

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Kosmetiker*in

… als Kosmetiker*in bist du im wahrsten Sinne des Wortes hautnah an den Menschen dran und kannst ihnen die neusten Kosmetikprodukte, aus beispielsweise nachwachsenden Rohstoffen, anbieten. Dir werden umfassende Kenntnisse der chemischen Zusammensetzung vermittelt. Somit weißt du, welche Inhaltsstoffe in welchen Produkten sind und welche Wirkungsweise diese auf die Haut haben.

Quelle: Pexels/Polina Tankilevitch

Kosmetikwissenschaftler*in

… als Kosmetikwissenschaftler*in beschäftigst du dich mit Kosmetologie, Kosmetikchemie und Gestaltung sowie Dermatologie. Du forschst schon bereits im Studium an kosmetikwissenschaftlichen Fragestellungen und führst eigenständig Projekte und Studien durch.

Quelle: Pexels/cottonbro

Kosmetolog*in

… als Kosmetolog*in erlernst du naturwissenschaftliche und medizinische Grundlagenfächer wie Chemie, Biochemie der Haut und Chemie der Kosmetika. Zudem erlernst du auch Dermatologie und Toxikologie und hast damit Wissen über die Inhaltsstoffe in Kosmetikprodukten und wie diese sich auf die menschliche Haut auswirken.

Quelle: Pexels/Pixabay

Sustainable Chemistry

… im berufsbegleitenden Master Sustainable Chemistry wirst du zur/zum interdisziplinären Expert*in in nachhaltiger Chemie ausgebildet. Als Expert*in in diesem Gebiet beschäftigst du dich mit Chemie und welche Rolle diese bei Problemen des Klimawandels, der Umweltverschmutzung und der Ressourcennutzung spielt. Du verstehst und wendest Chemie demnach im Kontext von Nachhaltigkeit an und trägst damit zu einer nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft bei.

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